Zielgerichtet Handeln

Bei meiner Aikido-Prüfung wurde eine Technik kritisiert – oberflächlich deswegen, weil ich sie nicht dicht genug am Boden (nicht tief genug) ausgeführt habe.

Heute hatte Ronald eine andere Erklärung. “Da kann man mal sehen, wie wir so denken – wir denken, der Wurf am Ende ist das wichtige, wir konzentrieren uns nur aufs Ziel.” (macht eine luschige Technik vor, indem er sich sofort die Hand schnappt und versucht, die Hand zu werfen)

“Der Wurf ist egal. Die Technik passiert die ganze Zeit vorher.” Kontakt aufnehmen, kleben bleiben, keine Distanz entstehen lassen, immer fühlen, wo der andere gerade ist, führen, “inneren Kontakt herstellen” (Joachim), dranbleiben, das Zentrum des Partners wahrnehmen, sich auf beide Hände gleichzeitig konzentrieren, das eigene Zentrum spüren, hinter seiner Kraft stehen, den anderen herausziehen, sich ganz gemütlich auf dem anderen abstützen, nach aussen schicken. (Meister Tada empfiehlt, man solle bei solchen Techniken “einen süßen Geschmack im Mund haben”. Eine reizvolle Vorstellung, auch wenn man’s selbst nicht nachvollziehen kann…)

Joachim empfiehlt: Tu einfach so lange, als hättest Du’s, bis Du’s irgendwann wirklich hast. Sei dann nicht enttäuscht, dass der andere sich bewegt, obwohl Du “gar nichts” gemacht hast – dann hast Du’s richtig gemacht.

On the leash

“Have you ever seen a little kid taking a big dog for a walk? Pantomimes being pulled around by a giant dog. Don’t let your emotions pull you around like that.”

Shinshinkan, N-sensei

…passt auch dazu, dass Herr Asai gerade eindrucksvoll vorgeführt hat, wie man einen Schüler (Primus?) mit Hilfe eines zweckentfremdeten Gürtels longiert.

Aikido-Techniken

Wie man rechten Rand dieser Seite sieht, habe ich meine Notizen zu den Aikido-Techniken, die ich gerade lerne, öffentlich auf die Website gepackt. (bis ich herausgefunden habe, wie man Wordpads Kommentar-Funktion auch für “Seiten” bekommt, hoffe ich auf Kommentare an diesem Eintrag hier – ich will ja wissen, was Du (ja genau Du) darüber denkst!).

Was mich umgehauen hat: Wenn man bei google die Namen der Techniken eingibt (z.B. “irimi nage” oder “shiho nage”), erscheinen meine Seiten weit vorn! Und das, obwohl (soweit ich weiß) niemand auf diese Seiten verlinkt. Gibt es wirklich so wenig Aikido im Netz? Oder ist die Idee, die Techniken beschreiben zu wollen, derart abwegig?

“Das kosmische Schwert hat viele Möglichkeiten der Anwendung, die nur mündlich weitergegeben und im wirklichen Training gezeigt werden können” (Ueshiba in “Budo”). Ich hoffe, auch wenn man Bewegungen nicht aus Text lernen kann, hilft Text, sich an das Gelernte zu erinnen. Genau wie Bilder, Rückfragen, Videos, und all die anderen schönen Dinge, die das Netz heutzutage bietet.

Graduierung

Letztens unterhielt ich mich mit Ronald über die verschiedenen Aikido-Schulen, die es in Deutschland gibt. In unserem Dojo hängen auch Lehrgangsausschreibungen anderer Schulen aus. Ich hatte mich gewundert, woher einige der Lehrer einen sechsten oder siebten Dan hätten, und fragte mich, ob das denn ein “echter” Dan sei oder ein quasi selbst verliehener. Ronald kommte mich beruhigen, dass auch diese Dan-Grade letztlich auf das honbu dojo zurückgehen, aber, und da kommen wir endlich zum interessanten Teil,

“Du könntest hier im Garten ein Dojo aufmachen und anfangen, Dan-Grade zu verleihen, und niemand könnte Dich davon abhalten. Du könntest es sogar Aikido nennen.”

Man muss halt nur genug Mitspieler finden, um einen glaubwürdigen Rahmen für die Gemeinschaft zu schaffen. Credibility wird oft über Lehrer-Schüler-Ketten vom O’Sensei weitergereicht, Genealogie ist auch wichtig. Bei anderer Gelegenheit ist auch der Staat ein wichtiger Mitspieler. Der vielleicht offiziellste technische Maßstab ist der aktuelle Doshu im honbu dojo, aber der ist weit weg. Das in vielen Kampfkünsten (wie auch in der Wirtschaft) gern bemühte Kriterium der Effektivität, praxistauglichkeit etc. ist gerade im Aikido kaum messbar.

Was Original ist, was zeitgemäße Weiterentwicklung, was persönlicher Stil, körperliche Eigenart, Eklektizismus, unheiliger Mischmasch, Ego-Trip, Esoterik,… das scheint im Deutschen Aikido tatsächlich Geschmacks- und Verhandlungssache zu sein. Das Entscheidende für eine reichhaltige und langfristige Entwicklung ist wohl einfach, gut eingebunden zu sein.

Weird Languages

“And so the median language, meaning whatever language the median programmer uses, moves as slow as an iceberg. […] Obviously, the median language has enormous momentum. I’m not proposing that you can fight this powerful force. What I’m proposing is exactly the opposite: that, like a practitioner of Aikido, you can use it against your opponents.”

“[…] when our hypothetical Blub programmer looks in the other direction, up the power continuum, he doesn’t realize he’s looking up. What he sees are merely weird languages.”

Paul Graham (April 2001, but current as ever)

Riot Police Course

I sat with Ben and Will on the train and Ben returned to a constant theme: how the whole course was just brainwashing.
‘But you knew that at the beginning,’ I countered.
‘I know, but it’s different from how I imagined.’
‘How?’
‘It’s working. I didn’t think it would work, but it’s working. I think I’m becoming a violent bastard.’
‘Don’t worry,’ said Will, ‘you’re still a wimp.’

Robert Twigger, Angry White Pyjamas.

Verschleiß

Nennen wir ihn mal V: V hat den 2.Dan im Aikido. Er hat schätzungsweise zehn Jahre in Aikido investiert, mit regelmäßigem Training mehrfach die Woche. Als ich mich mal beklagte, dass ich nicht vorankomme mit meinen Bewegungen, meinte er: “Wenn ich so wenig trainieren würde wie Du, würde es mir auch keinen Spaß machen”.

Ich bewundere Menschen, die Meisterschaft auf einem Gebiet erreichen. Die Kombination aus Talent, Erfahrung, Konzentration, Priorisierung führt zu einer einfach beeindruckenden Haltung: Abwägend, aber trotzdem klar, fundiert, entschieden, nicht vorschnell, und viele gute Dinge mehr. Wichtigste und wesentliche Vorraussetzung, so dachte ich immer, ist, dranzubleiben. Immer einen Weg zu finden, weiterzumachen, sich nicht entmutigen zu lassen, immer die Augen offenzuhalten, wo noch was geht.

Wie ich am Beispiel V. jetzt feststelle, kann es trotzdem irgendwann vorbei sein. V. kann nach einem Kreuzbandriss und einer Meniskusoperation die fürs Aikido nötigen Bewegungen einfach nicht mehr machen. Er meinte dann auch mal, einige Bewegungen “hätten ihm immer irgendwie wehgetan”.

In Zeiträumen wie “10 Jahre” denkt man selten. Ich habe jetzt gelernt: Über die Jahre addieren sich nicht nur die Erfahrungen, sondern auch der Verschleiß.